Was tun, wenn das Elektroauto brennt?

Feuerwehr Oberkochen übt das Löschen von Elektrofahrzeugen in Theorie und Praxis

Bei Verkehrsunfällen und Bränden von Elektrofahrzeugen sind besondere Herangehensweisen und Techniken gefragt. Brennende Batterien lassen sich nicht mit klassischen Methoden löschen. Die Feuerwehr Oberkochen hat in den vergangenen Wochen den Umgang mit brennenden E-Fahrzeugen in Theorie und Praxis erlernt, um im Ernstfall helfen zu können.

Die Anzahl an elektrisch betriebenen Fahrzeugen auf Deutschlands Straßen hat in den letzten Jahren stark zugenommen. In den Nachrichten werden Brände von Elektrofahrzeugen als besonders spektakulär hervorgehoben. Laut DEKRA brennen E-Autos jedoch nicht häufiger als klassische Verbrenner, sondern zehn- bis hundertmal seltener. Es ist wichtig zu erwähnen, dass Geschichten von explodierenden Fahrzeugen Mythen sind. Verbrenner-Fahrzeuge haben eine Tankentlüftung, die sich öffnet, wenn der Druck steigt. Elektro- und gasbetriebene Pkw können ebenfalls nicht explodieren, sofern die Gasanlage korrekt eingebaut und vom TÜV abgenommen wurde. Es ist jedoch kein Mythos, dass sich brennende E-Fahrzeuge nur schwer löschen lassen. Wenn es zu einem Brand der Batterie kommt, entsteht bei der chemischen Reaktion Sauerstoff, der die Verbrennung weiter antreibt. Daher ist es kaum möglich, eine solche Batterie mit den herkömmlichen Methoden wie Wasser, Schaum oder CO2 zu löschen. Ein Feuer kann gelöscht werden, indem ihm zum Beispiel der Sauerstoff entzogen wird. 
 
Feuerwehren müssen daher neue Methoden anwenden. In den letzten zwei Wochen hat die Feuerwehr Oberkochen diese in Theorie und Praxis erlernt. Die theoretischen Grundlagen wurden in einem Online-Seminar vermittelt. Dabei ging es auch um das grundlegende Verständnis für den Aufbau von Elektrofahrzeugen und die Einsatztaktik. Anhand von echten Fallbeispielen wurde gezeigt, wie Gefahrensituationen erkannt und bewertet werden können. Die Fahrbereitschaft von E-Autos ist im Gegensatz zum laufenden Motor eines Verbrenners geräuschlos. Außerdem ist das Anfahrtdrehmoment höher, was die Sicherung des Fahrzeugs erschwert. Entgegen der allgemeinen Befürchtung zeigen Berichte hingegen, dass bei einem Unfall die Gefahr eines Stromschlags sehr gering ist. Moderne Elektrofahrzeuge sind mit vielen automatischen Abschalteinrichtungen ausgestattet, die das Fahrzeug im Falle eines Unfalls innerhalb von Sekundenbruchteilen stromlos schalten können. Zusätzlich gibt es Stecker, die von der Feuerwehr zusätzlich sicherheitshalber gezogen werden können. Somit wurden für das Retten von Verunfallten aus einem Elektrofahrzeug keine neuen Gefahrenpotentiale ausgemacht. Eine wirkliche Herausforderung besteht jedoch dann, wenn der Akku zu brennen beginnt. Dieser verbrennt mit bis zu 1.200 °C und bildet dabei immer wieder Stichflammen, wenn einzelne Zellen aufbrechen. Schon der Defekt einer Batteriezelle kann eine Kettenreaktion auslösen, die die gesamte Batterie betrifft. Daher ist es wichtig, Brände frühzeitig zu erkennen. Eine Wärmebildkamera ist ein gutes Hilfsmittel hierfür und unterstützt die Feuerwehr Oberkochen bereits seit vielen Jahren bei jeder Art der Brandbekämpfung. Die hohen Brandtemperaturen führen zudem dazu, dass Kunststoffe und Aluminium schmelzen können. Das Löschen eines E-Fahrzeugs kann daher mehrere Stunden dauern und es besteht sogar die Gefahr einer erneuten Selbstentzündung - selbst noch Tage später. 
   

"Moderne Elektrofahrzeuge sind technisch so gut abgesichert, dass für Feuerwehrleute sehr wenige Gefahren bestehen."  

- Fabian Leopold, Feuerwehrmann und Entwicklungsingenieur für Elektrotechnik 

  
Beim Brand eines E-Fahrzeugs ist nach einer eventuell nötigen Menschenrettung der erste Schritt immer das Kühlen des Akkus. Dies gestaltet sich jedoch schwierig, da enorme Wassermengen benötigt werden, die beispielsweise auf einer Bundesstraße in der Regel nicht verfügbar sind. Zudem sind die Akkus im Fahrzeug gut vor Spritzwasser geschützt, so dass ein Zugriff erschwert wird. Feuerwehren setzen daher sogenannte 'Löschdorne' ein, um dieses Problem zu lösen. Um den Akku mit Wasser zu fluten, sticht man diesen Dorn von unten in das Batteriegehäuse. Allerdings kann dabei eine Akkuzelle manuell beschädigt werden, was in Tests zu neuen Gefahrenpotentialen führte. Einige Hersteller haben eine Öffnung im Akkugehäuse eingebaut, durch die Löschwasser eingefüllt werden kann. Allerdings führt das Kühlen des Akkus zu einem weiteren Problem: Das Löschwasser wird kontaminiert, da durch die Schwermetalle im Akku unter anderem Flusssäure entsteht. Das kontaminierte Löschwasser muss deswegen aufgefangen und fachgerecht entsorgt werden. Dies ist mit einem Zeit- und Kostenaufwand verbunden. Als Alternative wird oft ein Löschcontainer empfohlen. Das Fahrzeug wird komplett in den Container gestellt und dieser danach mit Wasser geflutet. So nutzt beispielsweise die Feuerwehr Westhausen aufgrund der Autobahnnähe einen solchen in enger Kooperation mit einem Abschleppunternehmen. Allerdings ist es herausfordernd, ein brennendes Fahrzeug in den Container zu befördern. 

"Feuerwehren müssen mit den Entwicklungen der Autoindustrie Schritt halten. Hierzu sind kontinuierliche Investitionen in Technik und Schulungen unerlässlich."  

- Bernd Betzler, Kommandant Feuerwehr Oberkochen 

Die Feuerwehr Oberkochen hat sich für eine andere Art des Löschens entschieden: Sie hat eine Löschdecke angeschafft, die groß genug ist, um ein brennendes Fahrzeug vollständig abzudecken. Die Decken sind extrem hitzebeständig (1.000 bis 1.300 °C). Ein weiterer Vorteil ist, dass eine Ausbreitung des Brandes auf nebenstehende Pkw und eine starke Rauchentwicklung verhindert werden können. Mit der Decke ist jedoch kein Löschen der Batterie möglich. Beim Abtransport durch den Abschleppdienst kann die Decke allerdings auf dem PKW verbleiben. Die Kameraden aus Oberkochen übten in der vergangenen Woche das Vorgehen an einem PKW, der nicht brannte. Dabei wurde eine Decke über das Fahrzeug gestülpt. Nebenstehend finden Sie ein kurzes Video zum Einsatz der Löschdecke. "Die Anwendung der Löschdecke ist relativ einfach, allerdings muss genügend Platz um das Fahrzeug vorhanden sein", resümiert Andreas Pfeiffer, stellvertretender Kommandant. Weitere Übungen sind für die nächsten Monate geplant. Die Wirksamkeit der Löschdecke wird sich jedoch erst bei einem echten Fahrzeugbrand zeigen.

Was können Sie tun, wenn Ihr Elektrofahrzeug plötzlich anfängt zu brennen?

1. Bringen Sie Ihr Fahrzeug schnellstmöglich zum Stehen und ziehen Sie die Handbremse an.
2. Verlassen Sie dann das Fahrzeug sofort und halten Sie Abstand. Ein Brand kann sich schnell ausbreiten.
3. Lassen Sie alle Wertgegenstände im Auto. Die Gefahr, Rauch einzuatmen, ist zu groß.
4. Entfernen Sie sich vom Fahrzeug, alarmieren Sie die Feuerwehr und teilen Sie dort mit, dass ein Elektrofahrzeug brennt.
5. Machen Sie sich beim Eintreffen der Feuerwehr durch Winken bemerkbar.
6. Wenn Sie schon vorab die Rettungskarte Ihres PKW ausdrucken, kann die Feuerwehr im Notfall schneller helfen.

Woher bekomme ich eine Rettungskarte?

Sie können diese kostenlos beispielsweise beim ADAC herunterladen, oder auf der Webseite Ihres Fahrzeugherstellers.